Sonntag, 2. März 2025

UNTERPURKERSDORF: DIE SEELE DES TANGOS

ein paar scheinwerfer - süffiges orange und nachtblau - tauchen den fin-de-siècle-ballsaal mit seinen üppigen stuckaturen und schweren samtvorhängen in ein suggestiv-schummriges licht, das orchester unterstreicht die leicht morbide stimmung gleich mit einem ersten tango von astor piazzolla, melancholie total - es ist die perfekte milonga-atmosphäre. nein, wir sind nicht in buenos aires, wir sind in unterpurkersdorf, einem unort 18-s-bahn-minuten ausserhalb von wien. hier gastiert, im rahmen des 26. internationalen akkordeonfestivals wien, das orchester "ars harmoniae" aus dem steirischen gleisdorf, das sich seit 33 jahren darum bemüht, das akkordeon aus seinem nischendasein zu befreien, erfolgreich angetrieben von rudolf plank (warum um himmels willen trägt der ausgerechnet die signalrote trump-krawatte?). immer wieder sind frische, junge profis dazugestossen, musiklehrer und solistinnen, neben den akkordeons nach und nach streich- und blasinstrumente: die 14köpfige formation ist mittlerweile ein höchst virtuoses, kleines sinfonieorchester. zu den zwischen lebenslust und todesnähe pendelnden standards von piazzolla und carlos gardel gesellen sie in einem hinreissenden pasticcio ganz beiläufig auch mal mozarts "rondo alla turca" oder einen james-bond-ohrwurm. stück für stück und immer auch wieder solistisch arbeiten sie sich zur tiefsten seele des tangos vor, selbst die höllischsten tempi und die vertracktesten rhythmen mit grandezza bewältigend. die 200 menschen im schatten des prachtssaales sind verständlicherweise völlig hin. tango ist wie oper: ein kraftwerk der leidenschaft. unterpurkersdorf bebt.

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