Montag, 9. Juni 2025

HAMBURG: MIKNEVIČIŪTĖ ALS SALOME

partystimmung bei herodes! nicht auf der terrasse seines palastes in judäa, sondern im salon einer gediegenen altbauwohnung, designermöbel, alles very stylish. regisseur dmitri tcherniakov findet an der hamburger staatsoper neue, zeitgemässe bilder für die alte geschichte der schwer dysfunktionalen familie herodes-herodias, die richard strauss in seiner „salome“ 1905 mit gröbsten dissonanzen treffend charakterisierte – was dirigent alexander soddy in sämtlichen schattierungen auslotet. total aufgebrezelt erscheinen alle zu herodes‘ party, nur einer passt nicht in die runde: der prophet jochanaan ist hier ein schräger intellektueller, ein welterklärer mit schütterem haar und abgewetztem cordsakko. doch dann, auftritt salome: die von ihrer eiskalten mutter und ihrem übergriffigen stiefvater schwer traumatisierte junge dame verguckt sich subito in diesen kuriosen kerl, verfällt seinen ideen und seiner stimme (kein wunder bei dem warm strömenden bariton von christopher maltman). diesen jochanaan will sie, keinen anderen. doch ihre durchgeknallte begierde ekelt ihn. da kippt sie total und fordert seinen kopf. vida miknevičiūtė, der sopranstar aus litauen, beherrscht nun die ganze party mit ihren blicken, stechenden, verführerischen, rächenden. diese salome haut alle um. so sensationell wie ihr gefährliches spiel mit den augen ist ihre stimme, erotisch aufgeladen bis zur ekstase, dann wieder wie weggetreten, sämtliche abgründe durchdringend. dieses subtile psychogramm gelingt auch deshalb so packend, weil die nebenrollen ebenfalls hochklassig besetzt sind (v.a. claudia mahnke als herodias und ziad nehme als erster jude). am schluss nicht das übliche blutbad, kein abgehackter prophetenkopf, den sie knutscht – das spielt sich jetzt ausschliesslich in salomes wirrem hirn ab. ihre ermordung, die der beim schleiertanz kaltgestellte stiefvater anordnet, erübrigt sich: völlig erschöpft sackt salome auf dem edlen altbau-parkett final zusammen. der tod als ihre erlösung, endlich ruhe….. dann frenetischer beifall für vida miknevičiūtė.

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