wie ein irrer rennt frankenstein zu hämmerndem sound über die riesige bühne des münchner volkstheaters, im kreis, im kreis, im kreis. sein geschöpf ist missraten. als er dessen abscheuliche züge sieht, dreht er durch – und: entzieht sich der verantwortung für das mordende monster, das er schuf. in zeiten der künstlichen intelligenz bietet dieser stoff natürlich eine steilvorlage auch fürs theater. regisseur philipp arnold verbindet mary shelleys original „frankenstein oder der moderne prometheus“ (1818) und thomas melles replik „schmutzige schöpfung – making of frankenstein“ (2008) zu einer packenden und auch visuell überwältigenden show, die aus dem spiel ernst macht und aus viktor frankenstein zwei figuren: cedric stern gibt frankenstein als den pfiffigen, übereifrigen, schliesslich verzweifelten forscher von einst und julian gutmann als viktor blickt aus heutiger perspektive – klar, mit hilfe der ki – auf die geschichte. die parallelen gruseln ergiebig. „ich wollte den menschen nützlich sein.“ das ist keine entschuldigung, das ist ein jammer – und der jammer von einst ist der jammer von heute. frankensteins freund henry (anton nürnberg voller empathie) warnt ihn ausgiebig und mit guten argumenten, doch der mensch lässt sich bekanntlich nicht gerne warnen vor dem eskalierenden fortschritt, er wird lieber überwältigt von seinen erfindungen. die künstliche intelligenz im stück – das ist eine besonders hübsche pointe – heisst shelley. und ja, man ist wieder einmal baff ob der klarsichtigkeit, mit der die damals 18jährige autorin vor 200 jahren zu werke ging. zum finale existieren keine menschen mehr im weiten rund. nur noch shelley, die ki, und die fragt in ihrem höflichen ki-singsang: „wie kann ich dir helfen?“ danke, nicht nötig, keiner mehr da!
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