wo bleibt unser auge hängen? warum bleibt es da hängen? und wie lange? wodurch wird es wieder abgelenkt? die bilderflut, der wir in der digitalen welt ausgesetzt sind, hat ein verstörendes ausmass angenommen. bereits im ersten raum des fotomuseums winterthur werden wir, auf einem riesigen screen, mit bildern bombardiert: frauen, schmuck, promis, werbung, noch mehr frauen, alles wild, alles schnell, die wirkung schon fast hypnotisch. „the lure of the image“ heisst die ausstellung im attraktiv umgebauten und soeben wiedereröffneten museum. sie lässt uns über unser rezeptionsverhalten reflektieren, aufmerksamkeitsökonomie heisst das zauberwort: unsere aufmerksamkeit ist eine knappe ressource, also wird darum gebuhlt, wir werden geködert mit optischen reizen, bilder fesseln uns und oft täuschen sie uns ganz gezielt. viele der 14 ausstellenden künstlerinnen und künstler zeigen mit fotos, videos und installationen, wie im weiten feld zwischen selbstinszenierung und fremdbestimmung neue realitäten entstehen, das kann mal ganz unterhaltend und witzig sein (emojis mit neuer bedeutungsebene), es kann pervers sein (verniedlichung von gewaltvollen inhalten) und es wird für propagandazwecke immer wieder übelst missbraucht (gefaktes „beweismaterial“ für verschwörungstheorien). zoé aubry widmet sich in ihrem raum einem grauenvollen femizid in mexiko, wo bilder des verstümmelten opfers durch korrupte behörden in die sozialen medien gerieten. unter dem hashtag #ingridescamillavargas bildete sich dann eine initiative, deren ziel es war, diese illegalen bilder mit abertausenden fotos von sonnenuntergängen, lavendelfeldern, traumstränden aus dem netz zu schwemmen – auf dass künftige online-suchen nach ingrid nur noch mit schönen bildern verknüpft werden. widerstand im netz, auch das gibt´s erfreulicherweise. und es funktioniert.
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