er hat brecht beeinflusst. er hat beckett beeinflusst („warten auf godot“). karl valentin, der als einfacher volkssänger in der münchner vorstadt au begann, prägte mit seinen aberwitzigen kurzdramen einen neuen stil, der den alltag mit dem weltuntergang verband, das granteln mit der puren panik, das dadaistische mit dem utopischen. „valentiniade – sportliches singspiel mit allen mitteln“ nennen der dramatiker michel decar und die regisseurin claudia bauer, beide mit bayrischen genen, ihr karl-valentin-kaleidoskop am münchner residenztheater, grosse hommage auf der grossen bühne. ein spiel-, tanz- und singwütiges achtköpfiges ensemble und eine formidable combo im hintergrund basteln einen faszinierenden valentin-bilderbogen, tummeln sich durch szenen und assoziationen: die legendäre orchesterprobe, der flug zum mond, das klagelied einer wirtshaussemmel. einiges wird nur angetippt, anderes wird bis zum bitteren ende ausgekostet („fremd ist der fremde nur in der fremde“). michel decar hat dazu geistreiche, um nicht zu sagen kongeniale monologe geschrieben, die valentin zitieren, ihn reflektieren, ihm eine heutige stimme geben, ihn weiterdenken – sein vermächtnis als permanente einladung, die welt, wie wir sie kennen, in frage zu stellen, „der ordnung die stirn zu bieten, die realität zu verneinen“. das komische wird zur therapeutischen flucht (hat georg seesslen einmal treffend geschrieben), doch ängste und verzweiflung kann es nicht nachhaltig übertünchen. kein wunder, landet der temporeiche abend immer wieder bei valentins tieftraurigen spaziergängen am rande des weltuntergangs: „versuchen sie ihn nicht zu verhindern, sondern zu geniessen. denn sie erleben keinen zweiten.“
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