Sonntag, 9. Juni 2024

LUZERN: DER CHOR TANZT MIT DEM TOD

24 menschen werden vom tod umgarnt und umarmt. im innenhof des ritterschen palastes in luzern hängt der totentanz, den – faktenlage unklar – ziemlich sicher jakob von wyl ziemlich sicher um 1610 gemalt hat, eine meisterhafte sequenz grossformatiger gemälde, öffentlich zugänglich (regierungsgebäude), doch gut versteckt in der obersten galerie. so läuft das mit dem tod, man hat ihn nicht gern vor augen. mehr darüber nachdenken, darüber reden, der konfrontation mit der endlichkeit nicht ausweichen – das ist das anliegen, das der chor luzern mit seinem neuen programm „der chor tanzt mit dem tod“ verfolgt. in unmittelbarer nähe der totentanz-bilder führen uns die 40 sängerinnen und sänger unter der leitung von daniela portmann musikalisch durch vier jahrhunderte, schütz, schumann, brahms, britten. es sind nicht einfach klagelieder, sondern bewegende zeugnisse einer intensiven auseinandersetzung mit trauer und abschied, hoffnung und zuversicht. gar mit witz nähert sich der tod den menschen im lübecker totentanz, den christov rolla zwischen den melodien geradezu schelmisch rezitiert: „heut heisst´s: nach meiner pfeife springen. (…) ich pfeif euch in gottes ewigen saal. ich pfeife so laut, dass jeder mich hört.“ schreie, ekstase und wortfetzen jagen dann in der „suite de lorca“ durch den raum, die der finnische komponist einojuhani rautavaara 1973 komponierte, zu gedichten federico garcia lorcas und inspiriert von der andalusischen volksmusik: hier wird die todesnähe durch die hallende akustik in diesem hohen innenhof beinahe physisch spürbar, es sind komplexe und expressive klangfolgen, bei denen der laienchor einmal mehr seine leidenschaft für aussergewöhnliche werke und sein absolut professionelles niveau beweist. überwältigend. eine meditation über den tod, mitten im sommer? unbedingt.

 

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