Montag, 12. Februar 2024

GENÈVE: FOUCAULT EN CALIFORNIE

lust auf einen trip in die wüste? death valley? in einem klapprigen, knallgrünen volvo 144? mit dem französischen starphilosophen michel foucault und – ähm – bisschen lsd im gepäck? es waren, im mai 1975, zehn stunden, die die philosophie veränderten. sagen die einen. es ist eine episode, deren bedeutung für foucaults leben und denken massiv überschätzt wird. sagen die anderen. für seine erste theaterinszenierung packt der lausanner filmemacher lionel baier das tal des todes in form riesiger sperrholzplatten und samt volvo jetzt in die salle modulable der genfer comédie. mit liebe, tempo und witz wird hier gespielt, was der junge berkeley-dozent simeon wade in seinem buch „foucault en californie“ detailliert schildert: wie er sein idol anlässlich einer gastvorlesung gemeinsam mit seinem freund mike zuerst zum ausflug in die wüste und dort zum lsd-naschen verführte. es ist ein irres vergnügen, wie akkurat die grosse schauspielerin dominique reymond diesen foucault mit all seinen macken zeigt, im grob gemusterten kittel und immer an der brille fingernd, die anbetung seiner jünger auskostend, ihnen mal kumpelhaft zuzwinkernd, mal mit verzogenen mundwinkeln herablassung signalisierend. und schliesslich trotz aller überlegenheit doch sehr unsicher, ob er, der grosse freiheit und grenzüberschreitungen predigt, sich auf diese halluzinogen-party einlassen soll. die wird dann theatralisch eher spärlich umgesetzt, violettes licht, verzerrte stimmen. und man fragt sich, wie sehr ein mann mit einem doch sehr elastischen selbstbewusstsein auf bewusstseinserweiternde substanzen angewiesen war. eine hübsche annäherung an den umstrittenen denker bietet dieser abend allemal – und vor allem eine kritische reflexion über personenkult und legendenbildung.

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