lust
auf einen trip in die wüste? death valley? in einem klapprigen, knallgrünen
volvo 144? mit dem französischen starphilosophen michel foucault und – ähm –
bisschen lsd im gepäck? es waren, im mai 1975, zehn stunden, die die
philosophie veränderten. sagen die einen. es ist eine episode, deren bedeutung für foucaults leben und denken
massiv überschätzt wird. sagen die anderen. für seine erste theaterinszenierung
packt der lausanner filmemacher lionel baier das tal des todes in form riesiger
sperrholzplatten und samt volvo jetzt in die salle modulable der genfer comédie.
mit liebe, tempo und witz wird hier gespielt, was der junge berkeley-dozent
simeon wade in seinem buch „foucault en californie“ detailliert schildert: wie
er sein idol anlässlich einer gastvorlesung gemeinsam mit seinem freund mike
zuerst zum ausflug in die wüste und dort zum lsd-naschen verführte. es ist ein irres
vergnügen, wie akkurat die grosse schauspielerin dominique reymond diesen
foucault mit all seinen macken zeigt, im grob gemusterten kittel und immer an
der brille fingernd, die anbetung seiner jünger auskostend, ihnen mal
kumpelhaft zuzwinkernd, mal mit verzogenen mundwinkeln herablassung
signalisierend. und schliesslich trotz aller überlegenheit doch sehr unsicher,
ob er, der grosse freiheit und grenzüberschreitungen predigt, sich auf diese
halluzinogen-party einlassen soll. die wird dann theatralisch eher spärlich
umgesetzt, violettes licht, verzerrte stimmen. und man fragt sich, wie sehr ein
mann mit einem doch sehr elastischen selbstbewusstsein auf bewusstseinserweiternde
substanzen angewiesen war. eine hübsche annäherung an den umstrittenen denker
bietet dieser abend allemal – und vor allem eine kritische reflexion über
personenkult und legendenbildung.
Montag, 12. Februar 2024
GENÈVE: FOUCAULT EN CALIFORNIE
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