penelope – die frau, die wartet! eigentlich müsste dieses stück „penelope“ heissen und nicht „odyssee“, denn anders als homer stellt der ukrainische dramatiker pavlo arie nicht den kämpfer ins zentrum, sondern seine frau, die zehn jahre auf das ende des trojanischen krieges wartet und dann noch zehn jahre auf die rückkehr ihres mannes. mit dieser feministisch überschriebenen „odyssee“ gastiert das schauspielhaus düsseldorf jetzt beim radikal-jung-festival des münchner volkstheaters. auf der bühne: kein mann. sondern: elf frauen und fünf jugendliche in einem tristen wartesaal in düsseldorf. sie protokollieren die bittere realität in der ukraine, teils ihre eigene, teils basierend auf interviews, die arie mit zurückgebliebenen geführt hat. er gibt den frauen, die heute warten, eine stimme. anders als die passiv leidende penelope werden sie aktiv, sie fordern, sie planen die zukunft, sie fällen entscheidungen, kleine und grosse. marta bezpaliuk erzählt, wie sie kurz vor der première noch zurück in die ukraine fuhr, um ihren bruder zu beerdigen. sie wollte nach dem krieg ans meer reisen mit ihm, weil er es noch nie sah: „ein einziger tag hat alles verändert.“ verluste, massenvergewaltigungen, endlose bilder von zerstörten städten, listen mit den namen toter und vermisster, schmerz, desorientierung – die inszenierung von stas zhyrkov treibt alle an emotionale grenzen, auf der bühne und im saal. verzweifelte summchöre in moll und wilde gitarrenduelle bilden das spektrum auch musikalisch ab. hoffnung? vielleicht, manchmal lachen sie, es ist ein bitteres lachen. und ist es hoffnung, wenn der elfjährige renat aus irpin sein skateboard unter den arm klemmt und still ins publikum spricht: „ich finde das, was gerade passiert, hat einen sinn, weil wir etwas lernen, das uns später helfen kann.“ er macht eine lange pause. „wir lernen, uns in einen besonderen zustand zu versetzen, in so eine art starre: was, wenn das alles gar nichts mit mir zu tun hat?“
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