martina war mal ein mann. ok, noch so eine
trans-geschichte, die gefühlt zweihundert-siebenunddreissigste. doch die
geschichte von martina ist anders, sie berührt besonders, weil sie in einem besonderen
umfeld stattfindet: martina war mark und mark war ein kumpel, im bergbau. eines
tages tauchte er inmitten seiner kollegen als martina auf, die einzige frau
unter 400 kumpels, kein einfaches coming-out. „wir waren kumpel“, der neue film
des luzerners christian johannes koch und seines kumpels jonas matauschek,
hatte jetzt première am dok.fest münchen. die geschichte von martina ist darin
eine von mehreren episoden. als in deutschland die steinkohleförderung
eingestellt wurde, haben koch und matauschek fünf kumpels begleitet, die drei
oder vier jahrzehnte unter tag arbeiteten. „du arbeitest wie ein pferd und
wirst bezahlt wie ein esel“, sagt einer. und dann ist schluss, ende, aus. mit
scherzen und sprüchen decken sie ihre unsicherheit zu. gibt es ein leben
jenseits der zeche? was werden sie machen mit der ganzen zeit? was werden sie
machen ohne einander? wenn der letzte kohlestaub aus dem gesicht und unter den
fingernägeln weggerubbelt ist? die bilder der leeren zeche, überwältigend
trostlos, kontrastieren mit sehr privaten sequenzen. eindrücklich, wie nahe die
filmemacher da rangehen. und eindrücklich, wie nahe die harten jungs sie
ranlassen. harte jungs? „wir sind nicht so hart wie ihr alle denkt“, sagt einer
– und das spürt man in jeder einstellung. dem einen macht die grosse leere zu
schaffen, bei einem anderen sind es die grossen utopien, für die er aber die
energie nicht mehr hat. zwei fahren im gemieteten wohnmobil an die
atlantikküste, ein geradezu liebevolles ablenkungsmanöver. dieser film ist ein
visual poem über die zeit, die war, und die zeit, die kommt. sehenswert und anregend
für alle, die über eine schwelle gehen. also alle.
Montag, 15. Mai 2023
MÜNCHEN: WIR WAREN KUMPEL
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Lieber Chrisoph, danke für deine Kurzfassung des gestrigen Films. Sie ist wunderbar - und treffend. Bernadette
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