Samstag, 13. Mai 2023

MÜNCHEN: LUISA MILLER

dieser bewegende moment: wenn der kirgisische tenor jenish ysmanov als rodolfo die grosse arie „quando le sere al placido“ anstimmt, wenn er fälschlicherweise glaubt, dass ihm seine grosse liebe untreu geworden ist, ihn verraten hat, wenn er voller verzweiflung an der rampe umherirrt, wenn er dann von eifersucht und leidenschaft getrieben seine spitzentöne in alle richtungen schleudert – dann hält das publikum im staatstheater am gärtnerplatz den atem an. über 700 menschen. kollektive gänsehaut. ein packender moment, eine packende inszenierung von „luisa miller“. zwei junge menschen, die sich lieben, zwei väter, die diese liebe verhindern, indem sie vorgeben, nur das beste für ihren nachwuchs zu wollen, dann intrige, gift, tod. schillers sturm-und-drang-drama „kabale und liebe“ war für verdi eine steilvorlage: lyrische passagen, rasante eskalation, dramatische gipfel. dirigent anthony bramall gestaltet das alles mit spannung und furor und einem hervorragenden ensemble: neben jenish ysmanov vor allem auch mária celeng als luisa, alexander grassauer als miller und levente páll als intrigant wurm. mit ihnen arbeitet regisseur torsten fischer die zahllosen konflikte präzis heraus, zeigt sie wie in nahaufnahme, ein kammerspiel, das immer wieder unter die haut geht. so sehr ihm diese intime, private ebene liegt (und die latente todesnähe), so sehr geraten ihm die chorszenen ins plakative: mal tänzeln sie wie „im weissen rössl“, mal tragen sie glitterkram wie in „hello dolly“ und wurm muss da als kreuzung aus joker und glöckner von notre-dame rumschleimen, gärtnerplatz-dna halt… doch lassen wir das mäkeln, es bleibt dabei: diese oper wird zu selten gespielt, diese oper wird massiv unterschätzt. „luisa miller“ ist verdi at his best, richtig grosses drama und, pardon, richtig geile musik.

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