Montag, 22. Mai 2023

MÜNCHEN: ANTI WAR WOMEN

immer wieder wird im hintergrund, bühnenhoch und bühnenbreit und schwarz-weiss, das bild vom grossen frauenfriedenskongress 1915 in den haag eingeblendet: auf dem podium 13 sehr unterschiedliche frauen aus 13 zum teil gegeneinander kämpfenden ländern. davor, auf der bühne der münchner kammerspiele, performen vier frauen und zwei männer in bunten overalls, mit viel rüschenfummel, viel make-up und aufwendig gestylten frisuren eine feministische geschichtslektion, die die regisseurin jessica glause gemeinsam mit ihnen konzipiert hat: „anti war women“, der titel war und ist programm. der erste weltkrieg („der kulminationspunkt männlicher raff- und zerstörungswut“) unterbrach den kampf der frauen ums wahlrecht, den kampf um sexuelle selbstbestimmung, um ein freieres leben. mitten im krieg versammelten sich deshalb 1500 frauen in den haag, um den kampf für gleichberechtigung, frieden, nationale souveränität fortzusetzen. das ensemble tanzt und singt („jenseits von eden“) und rezitiert aus reden und resolutionen von diesem kongress der starken bewegten frauen: „wir werden durch krieg vergewaltigt.“ nicht verbissen, sondern mit power, lust und visionen machen sie – damals und heute – klar, dass es reicht, und suchen über alle grenzen hinweg nach anderen möglichkeiten und wegen. das war vom inhalt und vom stil her – vor 108 jahren!! – ein klarer kontrapunkt zu männlicher politik. die kammerspiele haben es sich zum ziel gesetzt, solch vergessene kapitel der frauenbewegung ans licht zu holen. ein grosses verdienst. allerdings ist eine theatralische recherche noch kein theater, eine doku kein drama. so bleibt dieser abend letztlich eine wikipedia-performance, auf durchaus professionellem, attraktivem niveau.  

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