humor als überlebensstrategie scheint ein nicht unwesentlicher bestandteil der geradezu übermenschlichen resilienz der ukrainerinnen und ukrainer zu sein. zu erleben ist das jetzt im rahmen des ukrainischen theaterfestivals in der pasinger fabrik in münchen. das zoloti-vorota-theater aus kyjiv steuert hier „koptec“ von lena lagushonkova bei – „völkermord als komödie“, wie die darsteller ohne umschweife klar machen. völkermord als komödie? der spanier hernán cortés und seine eroberungszüge im aztekenreich dienen hier als parabel, als folie, vor der die ukrainische truppe die geschichte ihres eigenen landes kritisch reflektiert: „die töpfe sind bereit, um uns zu chili zu verarbeiten.“ es ist ein spiel auf verschiedenen ebenen: die kolonialisierung wird zu schwülstig-pathetischer musik im stil eines sandalenfilms gezeigt, die azteken machen ihren unterdrückern höflichst geschenke, absurdes verhalten – und immer wieder steigen die darsteller aus ihrer rolle und machen sich sehr ironische, bittere gedanken über das verhältnis der ukraine zu russland und über das abschütteln kolonialer prägungen: „sie bringen uns nicht um, wir ersticken an unserer eigenen unterwürfigkeit.“ dmytro oliinyk, von staatspräsident selenskyj vor kurzem als bedeutender schauspieler geadelt, hält das alles zusammen, mit grossem gespür für tempo, moves, witz, kippeffekte und ernsthaftigkeit im entscheidenden moment ist er sowohl kopf der eroberer wie kopf des ensembles. der film, den sie parodieren – achtung, zuspitzung der fiktion – sei von den fördergremien abgelehnt worden, begründung: „völkermord als komödie geht gar nicht.“ doch sie beweisen, scharf an der grenze zwischen hochstehendem klamauk und tiefschürfender provokation, zwei stunden lang das gegenteil. das mehrheitlich ukrainische publikum hat viel zu lachen. lachen befreit. und am ausgang werden t-shirts verkauft mit der aufschrift „dekolonisator/-in“.
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