Dienstag, 11. November 2025

ZÜRICH: GILBERTE DE COURGENAY

nun also der chef persönlich: mathieu bertholet, seit sommer intendant am theater neumarkt in zürich, knöpft sich für seine erste eigene inszenierung hier gilberte de courgenay vor, diese helvetische ikone der wehrhaftigkeit und des pflichtgefühls, und strapaziert gleich zu beginn schon mal ausgiebig die geduld seines publikums. sechs serviertöchter (w/m/d) schleichen über 20 minuten lang über die bühne, die hübsch zum säli des hôtels de la gare in courgenay hergerichtet wurde, kein einziges wort fällt, sie stapeln stühle, platzieren tische, stauben ab, stellen die stühle wieder um, schnuppern an militärmänteln, da wird also reichlich gemarthalert. und auch der rest des abends erweist sich als penetrant-redundant. episoden aus dem legendären film von franz schnyder (1941) werden herausgepickt und nachgestellt: wie la petite gilberte den soldaten, die im aktivdienst nicht nach hause dürfen, weihnächtliche stimmung vermittelt, wie sich eine zarte verbindung zum kanonier hasler ergibt, der vergebens auf briefe seiner verlobten wartet, und wie gilberte auch mal zu einer moralpredigt ausholt, die gute seele par excellence. alle sind mal gilberte, alle sind mal hasler, dazu hüllen sie sich immer wieder anders in die militärmäntel, tragen immer wieder ménagèren mit aromat und plastikblumen durchs säli, werfen mit silbertabletts und stühlen um sich – alles angereichert mit diversen freien assoziationen zu den themen demokratie, neutralität, heimat („warum geht ein schweizer in die ferne?“). kurz: beaucoup de klamauk, peu de substanz. so richtig power kommt erst in den laden, als gegen schluss alle sechs inbrünstig zaho de sagazans wundervolle hymne auf die „tristesse“ anstimmen. aber eben, tristesse hängt über dieser ganzen veranstaltung. der grosse wurf von mathieu bertholet ist das noch nicht.

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