„ein nacktes ohr“ ist nicht der ganze titel, es folgt noch mehr: „ein nacktes ohr am hasenbein der liebe oder wie man wider willen klötze floht“. alles klar? zur abwechslung also mal kein stück, das sich an der düsteren welt und den irren, die sie dominieren, abarbeitet – sondern an uns: wir mit unseren neurosen, obsessionen, macken. die autorin rebekka kricheldorf packte sich georges feydeaus vielgespielte posse „der floh im ohr“ und beamte sie ins heute. seitensprünge, verwechslungen, verwirrungen, identitätskrisen sind ja erstens zeitlos und zweitens ein gefundenes fressen. am theater neumarkt liefert michael sauter als ouverture ein wildes schlagzeug-solo und für die nächsten zwei stunden (eineinhalb hätten auch gereicht…..) lässt es dann auch regisseur matthias huser krachen mit slapstick à discretion. schauplatz ist ein salon, bisschen marmor, abgewetzte sofas, hässliche lampenschirme, eine pop-version von michelangelos david thront über allem, nix passt zu nix, die perfekte neureiche geschmacklosigkeit. hier tummeln sich anouk barakat, lisa ursula tschanz, chady abu-nijmeh und martin butzke absolut virtuos in wechselnden rollen und permanentem gender-switch durchs chaos des lebens: die beste freundin ist dummerweise in denselben typen verknallt, da hilft auch viel wodka nicht, die leicht angejahrte und sexuell vielseitige maman will ihren verklemmten junior verkuppeln, man diskutiert im gleichen atemzug über toyboys und rousseau und gewinnmaximierung, es geht rums-bums-zack, ein wilder ritt durch die befindlichkeiten und eine pointen-attacke sondergleichen, louise verliebt sich hals über kopf und ohne ihn je getroffen zu haben in hannes schlumberger, „eine koryphäe der verhaltenspsychologie“. gutes stichwort! das zusammenspiel von reiz und reaktion wird hier perfektioniert und masslos überzeichnet, wir blicken in den spiegel - und das lachen wird bitter. das theater neumarkt war bis jetzt eher nicht als komödienstadel bekannt. aber oho.
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