Sonntag, 18. Oktober 2020

MÜNCHEN: BACH, MESSIAEN, ZAWADKE

die herz-jesu-kirche im münchner westen ist eine aussergewöhnliche kirche, aussen ein glaskubus, innen wände aus über 2000 schmalen holzlamellen, die wärme vermitteln und je nach sonneneinstrahlung ganz unterschiedliche stimmungen schaffen. eine vielfalt von stimmungen gelang jetzt auch der organistin elisabeth zawadke mit ihrem sonntagnachmittagskonzert. beginnen wir für einmal am ende: beim schlussapplaus bedankt sich zawadke von der empore zunächst beim publikum, dann dreht sie sich um und verneigt sich vor der grossen woehl-orgel. diese orgel ist so aussergewöhnlich wie die ganze kirche, mit 60 registern, ganz ohne gehäuse, steht sie wie eine moderne skulptur aus pfeifen im raum. zawadke, während vielen jahren professorin für orgel an der luzerner musikhochschule und hauptorganistin an der dortigen jesuitenkirche, kombiniert auf der woehl-orgel sechs werke von johann sebastian bach und sechs werke von olivier messiaen und spielt sie alternierend, werke aus bachs orgelbüchlein, dann unter anderem „la source de vie“ und „la resurrection“ von messiaen. dumpfe, tiefe herzschläge bringen den ganzen raum zum vibrieren, man glaubt nebelhörner zu hören, die in einer undurchsichtigen welt orientierung und sicherheit zu schaffen versuchen. es braust, mal harmonisch, mal dissonant, immer aufwühlender, immer stürmischer. liefert der tiefgläubige katholik messiaen hier eine ekstase der spiritualität oder eine ekstase der verzweiflung? auf jeden fall ersetzt die intensität dieser musikalischen attacken 100 gottesdienste. diese musik, sagte die pastoralreferentin zu beginn, berühre das herz. und wie sie das tut. unmittelbar und nachhaltig.

 

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