unten
fällt eine tür dröhnend ins schloss. dann ist die frau weg. weg von mann und
kindern. so endet ibsens „nora“, die zur literarischen hymne der
emanzipationsbewegung wurde. und so, mit dem donnernden scheppern der türe,
beginnt der holländische regisseur bram jansen in der box des luzerner theaters
seine sicht auf den stoff. unter dem titel „what about nora?“ nötigt er ibsens
figuren bei nüchternem neonlicht zur familienaufstellung, er begegnet der welt
von damals mit einer methode von heute. helmer, rank, krogstad, linde – sie alle
sitzen im kreis, umgeben vom publikum, und erinnern ihre sicht der dinge. ibsens
textfetzen (1879) und gedanken der schauspieler (2017) werden zu intensiven
monologen vermengt, die dem beziehungsnetz von nora schärfere konturen geben
und die zentralen fragen der sekundärliteratur gleich mitinszenieren: warum
gibt ein mensch seine sicherheit auf? kann man die rolle, die man spielt,
einfach wechseln? sind träume luxus für wenige? hat die gesellschaft recht oder
ich? immer wieder positionieren sich die figuren im raum neu und immer wieder
fällt die tür dröhnend ins schloss, die vergangenheit und die gegenwart finden
zusammen. nora steht hier nicht im zentrum, sondern flaniert gleichsam durch
diese wechselnden konstellationen und befragt ihr leben neu. starker ansatz,
starke momente. doch diesen klaren fokus gibt die regie immer wieder preis:
indem sie reclam-hefte verteilt und zuschauer daraus vorlesen lässt, indem sie
von der familienaufstellung unvermittelt zur parodie einer familienaufstellung
wechselt, indem sie die arme nora-darstellerin einen exhibitionistischen befreiungstanz
aufs parkett legen lässt. so wirkt, was ein richtig guter theaterabend hätte werden
können, zwischendurch furchtbar aufgesetzt, angestrengt, peinlich.
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