Donnerstag, 26. Januar 2017

BASEL: CALIGULA IN TRUMP-WOCHE 1

er ist ein autokratischer herrscher. er agiert blindwütig und kompromisslos. er fällt willkürliche entscheide. er verachtet seine gegner und lässt sie aus dem weg räumen. ein verrückter. trump? erdogan? nein, caligula, römischer kaiser von 37 bis 41 nach christus. albert camus‘ auseinandersetzung mit dieser figur kommt am theater basel zur passenden zeit. die inszenierung von antonio latella verzichtet auf jede aktualisierung und will das absurde nicht erklären, sondern erfahrbar machen. in einem dreieckigen blutroten raum ohne fenster und ohne türen trifft caligula freunde und feinde; in dieser enge entwickelt er jeden kontakt, jede kommunikation ins negative, alle energie ist schwarz. „er verwandelt seine philosophie in leichen“, sagt einer. „regieren heisst stehlen, das weiss doch jeder“, sagt caligula. thiemo strutzenberger in der titelrolle ist kein aufgedonnerter trump, er nähert sich dem aktiven nihilismus mit weichem singsang und verklärten glasigen augen. mal sitzt er im schwarzen tütü verträumt auf dem boden und lackiert sich die zehennägel orange, mal wirft er sich ins marie-antoinette-kostüm – die herrschaft eines wahnsinnigen in beängstigenden bildern: macht ist macht, auch wenn sie lächerlich ist. „wenn man ihn immer weitergehen lässt, wird er sich irgendwann selbst zerstören.“ oder: „wenn er sich mit den richtigen beratern umgibt und auf sie hört, dann besteht noch hoffnung.“ so denken und hoffen hier viele. sie denken und hoffen falsch. seine engsten freunde? seine mitstreiter? ohne chance. er erledigt sie alle – mit einem fluch, mit einem wutausbruch oder mit einem sanften, dreckigen satz. am ende sind alle tot. ausser caligula. er sitzt im publikum. er betrachtet das desaster, das er angerichtet hat. und lacht.

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