als er irgendwann in den siebziger-
oder achzigerjahren im luzerner stadtbild auftauchte, reagierten die
erwachsenen zunächst irritiert und die kinder teilweise verängstigt: emil
manser, ein mann im militärmantel, mit einem adventskranz auf dem kopf und
mehrheitlich mürrisch. erst bei der dritten oder fünften begegnung erkannte man
auch den schalk in den augen des zugereisten appenzellers, der in der folge
gleich eine ganze reihe von in der stadt luzern schlecht vertretenen berufen
übernahm: philosoph, strassenkünstler, provokateur, stadtoriginal, hofnarr. mit
riesigen selbstgemalten plakaten setzte er sich ins stadtzentrum, vorzugsweise
vor die kantonalbank: „der täter grüsste ohne motiv“ – „glück (für sie). bettle
sonndags zum halben breis“ – „intelikenz ist gerecht verteilt. jede(r) meint
genug zu haben“. mansers kreativ eingesetzte schreibfehler
erheiterten die ganze stadt. mal verlangte er mit diesen hinguckern einfach
geld fürs nächste bier, mal lieferte er bedenkenswertes weit über niveau. vor
allem warb dieser vom leben immer wieder gequälte aussenseiter für toleranz,
das war die wahre motivation hinter der schrägen performance. und das bringt
die ausstellung im dachstock des historischen museums luzern jetzt sehr schön
zum ausdruck, mit objekten aus seinem nachlass, mit einem video und mit einer farbigen
und repräsentativen auswahl aus über 150 seiner plakate: „wer mich kennt liebt
mich“ schrieb er auf eines; luzern hatte den mürrischen mann längst ins herz
geschlossen. in einer nacht im sommer 2004 liess sich emil manser mit 53 in die
reuss fallen. seither fehlt der stadt ein geistreicher entschleuniger.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen