auf
der bühne: ein quadrat mit 1200 sektflaschen, leer oder fast leer, fein
säuberlich aufgestellt, alle 50 zentimeter eine. die welt der promis und partys
als klaustrophobischer raum; das publikum im marstall des residenztheaters
sitzt auf allen vier seiten. zu beginn staksen die sechs schauspielerinnen noch
schön kontrolliert durch die flaschenreihen, doch schon bald – man ahnt es –
wird daraus ein schlachtfeld, ein scherbenhaufen der gefühle. „die bitteren
tränen der petra von kant“ von rainer werner fassbinder erzählt die geschichte
einer modedesignerin, die job/erfolg/geld und liebe nicht zusammenbringt. in der
inszenierung von martin kusej verausgabt sich bibiana beglau während zwei
stunden, sie terrorisiert ihre freundin, ihre mutter, ihre tochter, ihre
liebste und ihre bedienstete, sie brüllt und blutet, hat gerötete augen und
geschwollene lippen, ist heiss und eiskalt. in ihrer beziehungsunfähigkeit
lässt sie alles eskalieren bis zur explosion. als gegen ende spuren der
erkenntnis auftauchen, ist es zu spät: die sklavin hat sich erhängt, die
anderen sind weg. bibiana beglau spielt dieses beängstigende, hysterische solo
der einsamkeit und verzweiflung grandios: mein ich ist mein gefängnis. rainer
werner fassbinder war auch so einer. petra von kant ist stark autobiographisch
durchdrungen. man kann sich dieser emotionalen tortur als zuschauer nicht
entziehen, leidet bei den seelischen verletzungen, bangt wegen den scherben,
zwischen denen sich die darstellerinnen teilweise barfuss bewegen – und ist irgendwie
ganz erleichtert, als die beglau beim schlussapplaus völlig entspannt und
lachend auf die bühne kommt, als wäre grad gar nichts gewesen.
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