heavy. es wimmelt von religiösen
fanatikern. mal richten sie mit erhobenen armen ihren verklärten blick gen
himmel, mal klammern sie sich übertrieben an ihren gebetbüchern fest, mal
wedeln sie scheinheilig mit ihren friedenszweigen, um kurz danach mit
denselben zweigen ihre gegner auszupeitschen und dazu hässliche parolen zu schreien. lauter eiferer und geiferer. „la juive“ von
fromental halévy (1835) spielt in konstanz zur zeit des dortigen konzils
(1414); vor dem hintergrund einer politisch und religiös schwer irritierten
zeit erzählt die oper die unmögliche liebesgeschichte zwischen der jüdin
rachel, die in wirklichkeit eine christin ist, und dem christen léopold, der
sich ihr zuliebe als jude ausgibt. missverständnisse führen zu rache, rache
führt zum tod. die gewaltige mauer quer über die ganze bühne ist keine
klagemauer und bietet keinen schutz, nein, sie wirkt in ihren metallenen farben
abweisend und bedrohlich, ein überdeutliches sinnbild für die mauern und den
hass in den köpfen. neben den beängstigenden massenszenen gelingen regisseur calixto
bieito und dirigent bertrand de billy an der bayerischen staatsoper eindrückliche
zeitlose einzelporträts – dank einem hochkarätigen ensemble: aleksandra kurzak
als rachel, zerrissen von ihren gefühlen, heimatlos in ihrem glauben; roberto
alagna als jüdischer goldschmied éléazar, warmherzig als ihr vermeintlicher
vater, unerbittlich im kampf der konfessionen; schliesslich ante jerkunica als
kardinal brogni, rachels wirklicher vater – er ist die eigentliche entdeckung
des abends, der kroate verfügt über einen bass von beeindruckender fülle und subtilität.
was bleibt, ist der nachhall dieser schwermütigen musik und das dunkel dieser
monströsen mauer. ein mahnmal.
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