im
abgedunkelten treppenaufgang zur ausstellung „two suns in a sunset“ im haus der
kunst empfängt ein babylonisches stimmengewirr den gast: 20 bildschirme, 20
gesichter, 20 geschichten, die erzählt werden (es sind die erfundenen geschichten
aus betrügerischen spam-mails). vielstimmig wie dieses intro ist die ganze
ausstellung des libanesischen künstlerpaars joana hadjithomas und khalil
joreige. die beiden experimentieren mit bildern, videos, objekten,
archivmaterial. mit anderen mitteln als journalistinnen und historiker nehmen
sie eine chronistenpflicht wahr, spüren mit aussergewöhnlicher empathie den
geschichten einzelner nach und fügen sie zu einem bigger picture. oft stehen
die bilder im zentrum (prächtige schwarz-weiss-aufnahmen von phantasievollen
objekten, die sich bei genauerem hinschauen als zerbombte strassenlaternen
entpuppen), oft aber auch die abwesenheit von bildern (menschen, die ihre
lager- und foltererlebnisse während dem libanesischen bürgerkrieg 1975-1990
zaghaft in worte zu fassen versuchen). in einem 50-minuten-film reist
hadjithomas nach izmir, das ehemalige smyrna, und schaut sich die bilder dieser
reise dann gemeinsam mit der betagten malerin und dichterin etel adnan an; die
familien beider frauen waren nach dem ende des osmanischen reiches aus der
stadt vertrieben worden und sind nie wieder zurückgekehrt. diese annäherung
nach jahrzehnten ist eine behutsame etude über zugehörigkeit. so disparat all diese
zugänge zu einer chaotischen welt sind, so sehr entwickeln sie eine durchaus
nicht nur pessimistische kraft: politik und poesie schliessen sich nicht aus,
sie könnten sich bereichern.
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