"wenn man mit einer sache zunächst überfordert ist, bringt einen das auf
neue ideen und provoziert in einem die kraft, diese überforderung zu
überwinden." kirill serebrennikov ist in russland ein angesagter
regisseur. jetzt hat er für die komische oper berlin mit der kraft der
überforderung aus rossinis "barbier von sevilla" eine rabenschwarze
smartphone-komödie gemacht. der figaro (dominik köninger, bravourös) ist hier ein starfriseur im
schwarzen cape, mit schwarzen ohrspreizerringen und zu viel kajal im
gesicht. dieser moderne mephisto mauschelt und mixt die gefühle seiner
kundschaft: wahre liebe scheint in zeiten der oberflächlichen
kommunikation ein ding der unmöglichkeit. sms werden zwischen den flirtenden quer über die bühne gejagt (auch eines an den dirigenten:
"gehts auch schneller?"), arien werden als schmachtfetzen-videos
gepostet, es gibt money-transfer und social disaster - heisse leitungen,
kalte welt. und rossinis musik? die macht das nicht nur mit, sondern
liefert in ihrer spritzigkeit tausend anlässe für situationskomik, alles
frisch, frech, fulminant, jede pointe sitzt - dank einem ensemble in umwerfender spiellaune.
graf almaviva tritt, um seiner angebeten rosina inkognito nahe zu sein,
mal als syrischer kämpfer auf und mal als musiklehrer im perfekten
conchita-wurst-outfit. das date kommt zustande, die liebe nicht: "omg!"
komische opern sind oft von peinlicher plattheit, ich habe sie nie
gemocht. dieser überforderte russe, der mit der musik in die tiefe
blickt, hat mich jetzt mit ihnen versöhnt. seinen namen sollte man sich
merken. serebrennikov.
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