total nervös tigert friedrich schiller durch seine kammer, ein einfall jagt den anderen, fiebrig kritzelt er seine sätze auf papierfetzen und tapeten: „kabale und liebe“, das bürgerliche trauerspiel. zur ouverture von „luisa miller“ wird am luzerner theater gleich verdeutlicht, woher giuseppe verdi den stoff für seine oper bezog. schillers schreibtisch wird dann – hübsche idee – zur bühne, auf der die liebesgeschichte von luisa und rodolfo, die von ihren vätern durch misstrauen, lügen und intrigen verhindert wird, ihren tragischen lauf nimmt und ihr tödliches ende findet. schiller (timon crienitz) stürmt und drängt immer wieder durch die szene, bis er nur noch nervt. dass er hinten ungelenk turnübungen vollführen muss, während rodolfo (azer zada) vorne die grosse tenor-arie „quando le sere al placido“ singt, in der er den vermeintlichen verlust luisas beklagt, ist ein unverzeihliches ärgernis. überhaupt: regisseurin kateryna sokolova will zu viel, alles wird überillustriert, diese inszenierung ist ein mit kostümen und permanent rauf- und runtersausenden bühnenprospekten vollgestopftes biedermeier-bilderbuch. erst im dritten akt gelingt ihr die konzentration auf die figuren, auf die feine psychologie und die explosive spannung, die sowohl schiller wie verdi grossartig angelegt haben. im orchestergraben kämpft jonathan bloxham immer wieder mit tempi, volumen und koordination, doch trotz allen vorbehalten: es gibt wunderbare stimmen zu hören, andré baleiro als luisas vater, michael hauenstein als rodolfos vater, marcela rahal als rivalisierende herzogin. das unbestrittene ereignis des abends ist eyrún unnarsdóttir, die mit dramatischem sopran eine subtile charakterstudie von luisa zeichnet, hin- und hergerissen zwischen den gefühlen für ihren geliebten und ihren vater, ein bauernmädchen in einer ausweglosen situation, nie naiv, immer empathisch, in den tränen immer auch noch hoffnung und doch ein taumeln ins unglück. am schluss sackt sie auf schillers schreibtisch zusammen.
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