Donnerstag, 29. Mai 2025

ZÜRICH: STAUBFRAU

drei frauen, eine sitzt auf der waschmaschine und blättert in der zeitung, eine hockt vor dem qualmenden backofen am boden, eine steht – verträumt oder verloren? – zwischen nadelhölzern. alltag, banaler alltag. aus dem off stimmen, immer hektischer, immer penetranter: es sind die ansprüche, anschuldigungen, vorwürfe, verletzungen, die frauen von ihren männern zu hören bekommen. im auftrag des zürcher schauspielhauses schrieb maria milisavljević das stück „staubfrau“, 80 dichte minuten über häusliche gewalt, und anna stiepani inszenierte die uraufführung in der intimen matchbox im schiffbau. lola dockhorn, anita iselin soubeyrand und nancy mensah-offei spielen sich mit tempo und gnadenloser präsenz durch diese collage aus szenen und einzelnen sätzen („heute entscheide ich“, „die messer sind geschliffen“), spielen in schnellem wechsel ehefrauen, geliebte, schreiende kinder, allwissende grossmütter, spielen auch mal den drohenden mann. das ist nicht immer übersichtlich, erzielt aber durchaus den gewünschten effekt: geschlechtsbezogene gewalt beginnt nicht physisch und brutal, sondern bahnt sich subtil an, grenzüberschreitend, gemein, ein bisschen sexismus da, ein bisschen rassismus dort, später dann kontrolle, übergriffe, gewalt. die drei frauen sind sich ihrer perspektiven bewusst, wollen aus- und aufbrechen, sehr stimmig werden ihre träume inszeniert, endlich selbstbestimmtheit, endlich ruhe, ruhe im wald, ruhe am fluss. und dann liegt die eine doch plötzlich tot zwischen den bäumen, heimtückisch ermordet. über die dunkle seitenwand flimmert die liste der femizide in der schweiz, endlos und erschütternd, seit jahren kaum ein monat, in dem nicht eine oder zwei frauen ihr leben lassen mussten durch männlichen wahnsinn. dieses stück ist ein aufruf, das schweigen zu beenden.

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