Montag, 13. November 2023

MÜNCHEN: KOFFLERS SCHICKSAL

atonal, aggressiv, aufgewühlt – diese musik eines jüdischen komponisten hört sich an wie ein tief betroffener kommentar zu den aktuellen news und bildern aus dem nahen osten. sein streichtrio op. 10 hat józef koffler allerdings 1928 vollendet, zwölftontechnik, doch nicht verkopft, sondern hochemotional. kofflers vielversprechende karriere in polen wurde durch den nationalsozialismus vorzeitig beendet, er wurde zusammen mit seiner frau und seinem sohn ermordet, er ging vergessen. das jewish chamber orchestra munich unter daniel grossmann widmete ihm an den münchner kammerspielen jetzt einen abend, im rahmen des projekts „erinnerung als arbeit an der gegenwart“. dieses projekt, schon länger geplant, scheint angesichts der in deutschland eskalierenden polarisierung in der israel/palästina-frage drängender denn je: erinnerung als arbeit an der gegenwart, ein plädoyer für verständnis und versöhnung, für empathie und engagement. neben dem streichtrio gelangen bachs goldberg-variationen zur aufführung, in kofflers bearbeitung für kammerorchester. immer wieder wird die musik jäh unterbrochen durch textfragmente der deutsch-jüdischen dramatikerin stella leder, die kofflers schicksal aus dem heute reflektieren, vorgetragen von der schauspielerin und jazzsängerin jelena kuljić. es sind texte über menschliche und kulturelle zerstörung, über das verstummen. hoffnung? „vielleicht hat koffler manchmal mit seinem sohn gesungen. ein komponist singt doch mit seinem kind“, sagt kuljić und blinzelt dem mann am kontrabass zu. zusammen beginnen sie zu improvisieren, kein text, nur helle silben, wie ein kind, federleicht.

2 Kommentare:

  1. Danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben, Ihr Wissen und Ihre Expertise zu teilen

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  2. Danke für die ausführlichen und durchdachten Beiträge

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