Dienstag, 14. November 2023

MÜNCHEN: THE BOY (POSTHUM)

yahav winner drehte einen film an der grenze zum gazastreifen, vor einigen monaten, vor dem krieg also. „the boy“ ist die geschichte von barak, einem jungen mann, der mit seinem vater die felder des kibbuz bewirtschaftet. immer wieder nimmt er während der arbeit den feldstecher zur hand und schaut auf die andere seite des grenzzauns. barak (nimrod peleg) versteht das alles nicht, diesen permanenten konflikt, diesen stacheldraht, diese linie zwischen menschen. sein vater (yoram toledano) schafft es, das grauen im alltag irgendwie wegzufiltern. der zaun zieht barak magisch an, er geht da joggen und einmal bricht er mitten in der nacht trotz schüssen und detonationen zu einem spaziergang in dessen nähe auf. er ist fixiert auf diese grenze, er ist traumatisiert, er hält das nicht aus, er bricht zusammen. sein vater und sein bruder finden ihn im dreck, verwirrt und erschöpft. sein vater drückt ihm einen tranquilizer in den mund. barak wehrt sich, er schluckt ihn nur widerwillig. auf fürsorgliche fragen des vaters murmelt er, kaum verständlich: „ich bin müde, ich will nicht aufwachen.“ nie mehr aufwachen? der vater umarmt seinen erwachsenen sohn, den er nicht immer versteht. er umarmt ihn und fährt ihm durch die haare, lange, sehr lange. the power of believing in hope, sagt jemand nach dem film. – regisseur yahav winner ist bei der internationalen première seines films im rahmen des 42. filmschoolfests munich nicht dabei. er ist tot. er war zur falschen zeit am falschen ort. yahav winner (37) wurde am 7. oktober in seinem kibbuz opfer des hamas-massakers. „the boy“, der den feldstecher immer wieder auf die andere seite richtet, um zu verstehen, ist sein vermächtnis.

1 Kommentar:

  1. Dein letzter Beitrag war ein Game-Changer für mich. Ich bin dankbar für die Inspiration.

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