Freitag, 17. Dezember 2021

MÜNCHEN: FACING THE BALKANS

im hintergrund eine tankstelle mit nigelnagelneuen mercedes-kleinbussen, im vordergrund schiebt ein junger mann ein bis auf die knochen abgemagertes pferd vor sein fuhrwerk: luxus und armut, tradition und moderne. dieses bild ist eines von fast hunderten in der ausstellung „facing the balkans“ in der bayerischen staatsbibliothek in münchen. harald schmitt, früher mehr als 30 jahre lang fotoreporter für den „stern“, ist mit seiner frau fünf mal durch die elf länder zwischen adria und schwarzem meer gereist, um seine eigenen balkan-bilder und -vorurteile zu hinterfragen. entstanden sind faszinierende aufnahmen, die ein höchst vielschichtiges und differenziertes panorama dieser region liefern, die in den vergangenen 30 jahren immer wieder heftig durchgeschüttelt wurde: krieg, religion, politik, tradition, migration, aufbruch, tourismus. man sieht wäschestücke, die zum trocknen am stacheldraht hängen. man sieht ein von der albanischen regierung konfisziertes spionageflugzeug, das als mahnmal über der stadt gjirokastra thront und rostet. man sieht menschen, die es sich für viel geld in einem high-end-slow-food-restaurant gut gehen lassen. man sieht einen jungen, der ziegen hütet und wie durch den betrachter hindurch nachdenklich in seine zukunft blickt. man sieht den eingang zu einem 75 kilometer langen stollen in moldawien, von dem 40 kilometer als weinkeller genutzt werden. man sieht und staunt immer wieder und überlegt und teilt die erfahrungen von harald schmitt: das spektrum ist enorm, balkan ist nicht einfach balkan.

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