es
beginnt zur heure bleue. die leute legen ihre badetücher, wolldecken und
sitzkissen aus, drappieren ihre picknickkörbe, futtern knackwurst und
tomatensalat aus plastikbehältern, suchen verzweifelt ihre brillen oder
vergnügen sich mit ihrem iphone. es sind tausende. der stattliche max-joseph-platz
vor der staatsoper und der residenz in münchen präsentiert sich an diesem abend
wie ein stark überbuchtes strandbad. „oper für alle“ heisst das happening, bmw
zahlt. und jetzt giuseppe verdis „messa da requiem“? totenmesse, hier und jetzt?
geht nicht! geht doch: kaum erklingt, pianissimo, der erste ton, legt sich eine
grosse andacht über die szenerie, und sie hält an, die ganzen 85 requiem-minuten lang. es liegt nicht nur am dirigenten zubin mehta (den die „süddeutsche zeitung“
gerade eben als „gefühlsüberschwangentfacher“ bezeichnete) – es ist die musik,
die auch dieses wunder schafft: alt und jung in meditative stille gebeamt. wie
ekaterina gubanova und rené pape das „lacrimosa“ in die nacht hinaus mehr beten
als singen, das geht tatsächlich tief, selbst in dieser open-air-kulisse. und
zum schluss das hoffnungsfrohe „libera me“, der wunsch, von allen qualen
befreit zu werden, unter dem sternenklaren nachthimmel. was will man mehr?
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