Samstag, 18. Januar 2025

SURSEE: GOTT

wem gehört unser leben? das beste an „gott“ von ferdinand von schirach ist das thema. hat der mensch anspruch auf assistierten suizid? bloss ist schirachs stück leider kein gutes stück, sondern eine trockene aneinanderreihung der wichtigsten argumente pro und contra, angelegt als sitzung einer ethikkommission. „erklären sie uns das bitte“ heisst es viel zu oft oder „wie meinen sie das?“ und die antworten tönen, als würde jemand die homepage von exit oder der bischofskonferenz vorlesen. das fühlt sich über weite strecken mehr nach wikipedia an als nach theater. dass sich das somehuus sursee für „gott“ entschied, dürfte also weniger mit dem stück zu tun haben (an dem schon grosse theater gescheitert sind) als mit der gerade im katholischen zentralschweizer milieu kontroversen diskussion, die es antreiben und beeinflussen will. es ist das grosse verdienst von regisseurin bernadette schürmann und autor kurt bösch, dieser bühnendiskussion in ihrer inszenierung ein wenig leben einzuhauchen. zum einen geschieht dies mit einer den schweizer gegebenheiten angepassten und teilweise recht saftigen mundartversion. zum anderen mit einem exzellenten casting: wie diese laiendarsteller als sachverständige die staatsrechtlichen, medizinischen und theologischen positionen vertreten, das wirkt glaubwürdig, engagiert, man nimmt sie ernst, auch wenn man ihre meinung nicht teilt. im zentrum steht der 78jährige architekt richard gärtner, der seinem leben ein ende setzen will, obwohl er nicht unheilbar krank ist. anrührend spielt rolf winz diesen senior, der nach dem tod seiner frau nur noch leere empfindet, traurig sitzt er da und plädiert für sein recht auf selbstbestimmung, sehr reflektiert und sehr traurig. soll er das rezept für die tödliche dosis natrium-pentobarbital erhalten? am schluss stimmt das publikum ab, eine haltung ist gefragt in diesem ethischen dilemma: wie würde man als ärztin auf diesen wunsch reagieren? oder als angehöriger?

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen