nach eindreiviertel stunden ist die welt erledigt. bilder von waldbränden, plastikmüll, überschwemmungen, zerbombten häusern, ausgetrockneten gegenden, dazu ohrenbetäubender lärm. kennt man, die bilder sind nicht neu, neu ist der text: „asche“ heisst das stück von literaturnobelpreisträgerin elfriede jelinek, das jetzt an den münchner kammerspielen seine uraufführung erlebte. der plötzliche tod ihres mannes, mit dem sie 48 jahre verheiratet war, hat jelinek ins elend gestürzt. „asche“ ist ihr sehr persönliches requiem für diesen „wegbegleiter“ und gleichzeitig ein abgesang auf die welt: verlust und abschied im privaten führen sie in tiefe trauer auch über verlust und zerfall der natur, des lebens um uns. sowas wie trost bleibt ihr nur noch in phantasien: sie entwirft, nebenbei, eine parallelwelt, ohne kaputtgehende körper, ohne störung und zerstörung, aber „hol’s der geier“. „asche“ ist ein requiem, das nerven will, doch an den kammerspielen nervt vor allem die inszenierung durch hausregisseur falk richter. jelineks dichterisches delirium, ihre bitteren erkenntnisse und einwürfe werden in einem sammelsurium wildester assoziationen und klamaukiger überhöhungen erwürgt und ersäuft, überillustriert und vollgedröhnt. ein bisschen strandparty, gustav mahler, kindergeburtstag, aborigines-grusel, patti smith und ki-animationen: das requiem wird zugemüllt wie die welt. ulrike willenbacher und thomas schmauser finden trotz dieser orgie dystopischer bilder zwei, drei gelegenheiten, dem originalton der vorlage in ruhe nachzuspüren, das sind die subtilen, die grossen momente. der text sonst – so würde es frau jelinek in ihrem kalauernden stil wohl formulieren – „der text bleibt über weite strecken auf der strecke, er wurde sozusagen niedergestreckt.“ jelinek (die keine ihrer uraufführungen besucht) würde sich im grab umdrehen, wo sie gottseidank noch nicht liegt.
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