Freitag, 27. Januar 2023

LUZERN: DER ROSENKAVALIER

„zuckerwasser dirigiere ich nicht“, polterte der grosse otto klemperer. „vier stunden getöse um einen reizenden scherz“, lästerte der grosse thomas mann. zuckerwasser? getöse? alles drin im „rosenkavalier“, aber nicht nur. was hugo von hofmannsthal dichtete und richard strauss komponierte, ist eine ebenso komische wie tiefgründige annäherung ans thema vergänglichkeit: wie die zeit vergeht, wie die liebe vergeht. die international gefragte regisseurin lydia steier, die in luzern zudem co-operndirektorin ist, spielt genüsslich mit dem rokoko-ambiente, üppige kostüme, gewaltige perücken, das volle programm. doch immer wieder befreien sich die ver- und entliebten aus diesem plunder, werden ganz heutig und zeigen so die wahren gefühle. die feldmarschallin und ihr 17jähriger lover planschen lustvoll im pool, und wenn dessen grosse liebe sophie dem übergriffigen baron ochs gegenübertritt, mit dem sie ihr vater verheiraten will, trägt sie ein t-shirt mit dem aufdruck „only do it with consent“. klare ansage, rokoko goes #metoo. der baron wird dann zum grossen ohrwurm-walzer im rollstuhl entsorgt. wie in den übelsten boulevardkomödien trägt steier dick auf und schafft damit einen maximalen kontrast zu den subtilen szenen, die ihr ganz meisterhaft gelingen, dank den drei tollen frauen im ensemble: wie eyrún unnarsdóttir als marschallin ihren weg vom schwärmerischen ins melancholische geht und als selbstfindung einer reifen frau vollendet, wie solenn´ lavanant linke als octavian und tania lorenzo als sophie ihre liebe zart und verspielt entdecken und entwickeln, das ist schlicht genial. nur schade, dass das luzerner sinfonieorchester zu sehr im forte unterwegs ist und in den vielen konversationsepisoden diese prächtigen stimmen immer wieder zu erdrücken droht. da wünschte man sich von dirigent robert houssart mehr gespür fürs filigrane dieser partitur.  

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