Donnerstag, 11. November 2021

MÜNCHEN: ICH BIN´S FRANK

sie singt edelkitsch-schlager und schreit und tanzt und flirtet charmant mit dem publikum und rappt und legt sich hin und weint und singt wieder und schwitzt und animiert zum mitsingen und wippt lustvoll mit ihren dicken oberschenkeln und und und. julia häusermann ist, man kann es nicht anders sagen, eine rampensau, eine absolut liebenswürdige obendrein. die münchner kammerspiele überlassen ihr (und ihrer regisseurin nele jahnke) die grosse bühne für eine one-woman-performance, inclusive das ganz grosse technik-besteck, light-show, video-animation, dj-sound. es ist eine performance der besonderen art. denn julia häusermann hat trisomie 21. „ich bin´s frank“ heisst ihre show, nach frank levinsky in ihrer lieblings-high-society-soap „verbotene liebe“. all ihre gefühle und die von frank teilt sie mit dem publikum, freude, traurigkeit, euphorie, lust. sie redet über ihre biographie und über ihren körper („ein körper mit zukunft“) und lädt uns dadurch ein, über norm und abweichung nachzudenken, wo die grenze dazwischen verläuft und wer sie definiert. eine sehr subjektive zurschaustellung, die sehr subjektive reaktionen auslösen kann: freude über diese offenheit, mitleid, hinterfragen von vorurteilen und gesellschaftlichen anforderungen, bewunderung. bewegen wir uns da unversehens in der grauzone zwischen ehrlicher empathie und verstecktem voyeurismus? das dürften hier die falschen, weil überholten kategorien sein. was einzig zählt, ist, wie tief das berührt, wenn julia häusermann da vorne steht und mit fester stimme ihren monolog ins mikrophon spricht: „stark geboren, falsch geboren, als sturm geboren“.

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