don giovanni ist müde geworden. er
geht langsam, leicht gebückt, setzt sich immer wieder hin und braucht gegen
ende einen stock. und durchaus synchron bröckelt auch das barocke palais, wo er
lebt. die frühere pracht lässt sich noch erahnen, so wie die feurigen blicke
die einstige leidenschaft des grossen verführers immer wieder durchschimmern
lassen. mit seinem wunderbar beweglichen, hellen bariton gelingt dem jungen
daniel schmutzhard das sowohl stimmlich wie darstellerisch eindrückliche
porträt eines alternden mannes: dieser don giovanni erobert nicht mehr, sondern
– wie alfred döblin das formuliert hat – er lacht über seine natur. er geistert
gleichsam durch rückblenden. christof loy arbeitet in seiner inszenierung an
der oper frankfurt mit raffinierten kontrasten: je fahler der titelheld unter
seiner blondgrauen mähne wird, desto mehr farbe und leben gewinnen die anderen
figuren. don giovannis opfer, die frauen und indirekt auch die männer, werden
zu einer quirligen schicksalsgemeinschaft und emanzipieren sich von takt zu
takt mehr. eine schicksalsgemeinschaft sind sie bei unserem besuch auch aus
einem anderen grund: karsten januschke dirigiert sich dermassen lustvoll durch
den höllischen melodienreigen, dass ihm die koordination zwischen
orchestergraben und bühne immer wieder entgleitet. trotz vielen kraft- und
gefühlvollen stimmen also keine tonspur für die ewigkeit. umso nachhaltiger
wirken einzelne bilder, einzelne szenen: ein erotisches tableau, vom ende her
gedacht.
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