wer
an den „rosenkavalier“ von hugo von hofmannsthal und richard strauss denkt, hat
immer gleich die bilder im kopf parat: putzige rokoko-interieurs, puder,
perücken, parfümierte parvenus. claus guth (regie) und christian schmidt (bühne)
wählen an der oper frankfurt einen anderen ansatz für das spiel um werden und
vergehen der liebe: das café sperl in der gumpendorfer strasse in wien, wo das
dunkle holz und die düstergelben wände noch heute schwer das ausgehende 19.jahrhundert
atmen, inspirierte die beiden zu einem beklemmenden sanatorium, melancholie
total. hier ist die feldmarschallin patientin, unheilbar, ihre mésalliance mit
dem 17jährigen oktavian scheint in weiter ferne, sie gönnt ihm sein leben, sie
hilft ihm zu seiner sophie, denn ihre zukunft heisst alter, nicht jugend: „man
ist dazu da, dass man’s ertragt. und in dem ‚wie‘ da liegt der ganze
unterschied.“ amanda majeski ist für die rolle der marschallin eigentlich zu
jung – und doch eine traumbesetzung: keine verbitterte frau eben, sondern eine
weise und offene, die das leben liebt und strauss‘ hinreissender melodienfülle
mit lodernder, leichter stimme alles, wirklich alles abgewinnt, das
komödiantische und das tiefschürfende. auch die anderen hauptrollen sind toll
besetzt (paula murrihy, christiane karg, bjarni thor kristinsson), doch ihr
gehört dieser abend: die ganze oper wird – musikalisch und szenisch absolut
konsequent – zu einem einzigen rückzug, einem abschied mit grösse und stil. am
ende, wenn sich die zwei jungen liebenden definitiv gefunden haben, wendet sich die marschallin dezent ab, legt sich aufs klinikbett und lässt los. die vergänglichkeit überholt die
zeit. ein kleines mädchen findet sie zum schlussakkord, kalt.
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