er
tänzelt, probiert ein paar schritte, zunächst ohne musik, unsicher und total
ausgestellt auf der leeren bühne, über der eine riesige discokugel schwebt. ein
mensch, ganz allein, verletzlich und verloren: steven scharf, der schauspieler
des jahres, als liliom, der jahrmarktbudenausrufer. sein leben läuft
beschissen: er verliert den job, macht seiner julie ein kind, für das kein geld
da ist, wird bei einem raubüberfall verhaftet, nimmt sich das leben. stephan
kimmig zeigt franz molnárs „vorstadtlegende in sieben bildern“ an den münchner
kammerspielen in einer hochkonzentrierten form (und bis in die letzte
nebenrolle exzellent besetzt). er verknappt die dialoge und setzt auf präzise
gestik und mimik, sozialdrama pur. liliom tänzelt, er tänzelt dem abgrund
entgegen, er schwitzt zunehmend, aus dem tänzeln wird ein taumeln, ein taumeln
zum tode. steven scharf ist kein grober hallodri, sondern ein zärtlicher
versager, einer, der dem leben schutz- und hilflos gegenübersteht. wenn er nach
16 jahren im himmel kurz runter darf, um ein einziges mal seine tochter zu
sehen, und ihr als stern von oben die riesige discokugel mitbringt, dann könnte
das in grenzenlosem kitsch enden. hier gerät dieser moment sehr berührend, weil
kein wort zu viel ist und keine bewegung aufgesetzt. und weil in lilioms
glänzenden augen kein falsches glück erwacht, sondern einzig die verzweiflung
für ein paar kurze sekunden verschwindet.
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