Donnerstag, 24. Juli 2014

WIEN: DER TRAFIKANT

immer mehr leute grüssten mit „heil hitler!“ und reckten dabei ihren arm in die höhe. franz, dem das ein bisschen übertrieben vorkam, gewöhnte sich an, darauf mit einem unverbindlichen: „danke, ihnen auch!“ zu antworten. – wien, 1938. ein 17jähriger bursche aus dem salzkammergut kommt zwecks lehre in einer tabaktrafik (kiosk) in die hauptstadt, verliebt sich unsterblich und unglücklich und versucht seinen liebeskummer in regelmässigen gesprächen mit seinem kunden, prof. dr. sigmund freud, zu kurieren. „der trafikant“ von robert seethaler ist die geschichte der freundschaft zweier ungleicher männer in schwierigen zeiten und eine ferienlektüre, wie man sie sich nur wünschen kann: liebevoll und launig, poetisch und politisch. und sprachlich überbordend, in der schilderung von franz´ träumen beispielsweise: „schweineblut tropfte von der decke direkt in das runde fass, das sein schädel war, das bett schaukelte hoch und höher, bis in dieses sonnenhelle juchzen hinaus, durch eine riesige, schwarze lücke hindurch und mit einem blauen wägelchen in die ewige grottendunkelheit hinein. seine mutter erschien und strich otto trsnjek mit dem handrücken übers bein, worüber sigmund freud so herzhaft lachen musste, dass ihm der hut vom kopf flog und er seine flügel ausbreitete und hoch über den votivkirchenspitzen der untergehenden sonne hinterhersegelte.“ man müsste wieder mal nach wien. zu freud an die berggasse 19. wie franz.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen