Samstag, 1. Februar 2014

MÜNCHEN: FLEGELJAHRE, REVISITED

vor der dorfschenke rechts auf der bühne singt der pfarrer mit dem landvolk „grosser gott, wir loben dich“, derweil das bier in rauhen mengen durch die kehlen fliesst. sympathischer einstieg, subito ins 18.jahrhundert. die „flegeljahre“ von jean paul sind mir letztmals 1976 begegnet, maturalektüre, 560 alles in allem nicht zwingende seiten. die geschichte von den zwillingsbrüdern vult, der sich mit 14 für eine blockflötenkarriere entscheidet (was uns maturanden verständlicherweise masslos faszinierte), und walt, der sich in neun berufen bewähren muss, bevor er das ihm zugedachte erbe antreten kann, inszeniert robert gerloff im marstall des münchner residenztheaters als heiteren komödienstadel: türen, die im falschen moment knallen, also im richtigen, bierdosen, die im falschen moment losschäumen, also im richtigen, matratzenberge, die im falschen moment einstürzen, also im richtigen. die zwei jungs (franz pätzold und miguel abrantes ostrowski als kongeniales, driviges duo) scheitern fröhlich durch leben und liebe – und die sekundärliteratur mit all ihren kleinen und grösseren fragezeichen zu dieser parodie auf den bildungsroman wird der einfachheit halber in witzigen extempores gleich mitinszeniert. gewürzt mit viel live-musik, schnulzen von grieg bis simon and garfunkel, schwingt sich der abend aufs höchstmögliche landtheater-niveau. das macht den roman von jean paul nicht zwingender, aber doch deutlich kurzweiliger.

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