Sonntag, 23. Februar 2014

MAINZ: MEFISTOFELE UND DER PIZZABÄCKER

josé gallisa ist brasilianer. ein brocken von einem mann und trotzdem höchst beweglich, eleganter dunkler teint, asymmetrische wuschelmähne mit rasta-tendenz, dazu eine wuchtige, abgrundtiefe bassstimme. dieser josé gallisa ist die idealbesetzung für „mefistofele“, ein glücksfall. regisseur lorenzo fioroni verlegt arrigo boitos selten gespielte oper am staatstheater mainz in ein überfülltes jahrmarktzelt, er holt goethes grosses ideendrama auf den boden, welttheater als budenzauber, absolut konsequent: mefistofele ist hier der clevere taschenspieler, der die massen mit seinem charme verzaubert und sie dann mit seiner diabolischen undurchsichtigkeit verängstigt, ein leichtes für den bass aus brasilien. die musikalischen durststrecken, die boitos ausgefallene partitur durchaus auch aufweist, überspielt regisseur fioroni geschickt mit dem visuellen schwingbesen: er arrangiert farborgien und massenauftritte (hervorragende chöre!!) und garniert das ganze mit projektionen aus baudelaires „fleurs du mal“. gran spettacolo, so muss es sein. allerdings hat sich das staatstheater mainz für diese letzte vorstellung einen üblen fauxpas geleistet und für die rolle des faust wohl kurzfristig einen italienischen plärr-tenor eingeflogen, dessen name wir zu seinem und unserem wohle bereits erfolgreich verdrängt haben: er kennt ganz offenkundig weder goethe noch die inszenierung und bewegt sich also nicht als suchender, nach erkenntnis strebender gelehrter durch die szenerie, sondern als dümmlicher dicklicher pizzabäcker, typ tänzelndes dorforiginal, womit das spiel um gut und böse völlig aus dem gleichgewicht gerät. bestenfalls hat man mitleid mit diesem armseligen faust, die sympathien aber, die sind für einmal ganz und gar bei mefistofele, dem schmierigen seelen-dealer.

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