josé
gallisa ist brasilianer. ein brocken von einem mann und trotzdem höchst
beweglich, eleganter dunkler teint, asymmetrische wuschelmähne mit rasta-tendenz,
dazu eine wuchtige, abgrundtiefe bassstimme. dieser josé gallisa ist die
idealbesetzung für „mefistofele“, ein glücksfall. regisseur lorenzo
fioroni verlegt arrigo boitos selten gespielte oper am staatstheater mainz in
ein überfülltes jahrmarktzelt, er holt goethes grosses ideendrama auf den boden,
welttheater als budenzauber, absolut konsequent: mefistofele ist hier der clevere
taschenspieler, der die massen mit seinem charme verzaubert und sie dann mit
seiner diabolischen undurchsichtigkeit verängstigt, ein leichtes für den bass
aus brasilien. die musikalischen durststrecken, die boitos ausgefallene
partitur durchaus auch aufweist, überspielt regisseur fioroni geschickt mit dem
visuellen schwingbesen: er arrangiert farborgien und massenauftritte
(hervorragende chöre!!) und garniert das ganze mit projektionen aus baudelaires
„fleurs du mal“. gran spettacolo, so muss es sein. allerdings hat sich das
staatstheater mainz für diese letzte vorstellung einen üblen fauxpas geleistet
und für die rolle des faust wohl kurzfristig einen italienischen plärr-tenor
eingeflogen, dessen name wir zu seinem und unserem wohle bereits erfolgreich
verdrängt haben: er kennt ganz offenkundig weder goethe noch die inszenierung
und bewegt sich also nicht als suchender, nach erkenntnis strebender gelehrter
durch die szenerie, sondern als dümmlicher dicklicher pizzabäcker, typ tänzelndes
dorforiginal, womit das spiel um gut und böse völlig aus dem gleichgewicht
gerät. bestenfalls hat man mitleid mit diesem armseligen faust, die sympathien
aber, die sind für einmal ganz und gar bei mefistofele, dem schmierigen
seelen-dealer.
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