Freitag, 30. März 2012

ZÜRICH: BLUTE NUR, DU LIEBES HERZ

lange schwarze gummibänder sind kreuz und quer durch den bühnenraum im theaterhaus gessnerallee gespannt. raumkunst für „die unsichtbaren“, einen theater-musik-tanz-abend über menschen, die mit sehnsüchten und ängsten von afrika nach europa aufbrechen, freiwillig oder unfreiwillig. regisseurin sandra strunz verwendet dieses dichte netz aus gummibändern vielseitig: es gibt den schwarzen (die hier von fünf nicht-schwarzen gespielt werden) geborgenheit auf der flucht, es zeigt ihnen grenzen, es schleudert sie herum, es lässt sie träumen von einer anderen, besseren welt, es deckt sie mit wogenden wellen zu, es lässt sie tanzen zwischen euphorie und entsetzen. farbig und differenziert entwickeln sich ihre – normalerweise eben unsichtbaren – geschichten, mal poetisch, mal aggressiv, immer sehr dicht am leben. arien aus bachs matthäus-passion schaffen dazu eine stimmung von trost oder trostlosigkeit („blute nur, du liebes herz“) und geben dem zuschauer im konzentrierten geschichten-geflecht luft für reflexion. der abend beruht auf dem tagebuch eines italienischen journalisten, weshalb auch hier ein journalist den roten faden ziehen und die geschichten zusammenhalten muss. ben daniel jöhnk spielt ihn als naiven, bemühten gutmenschen im weissen (!!) glitter-glamour-gottschalk-outfit, einen deplatzierten afrika-versteher, typ volkshochschule, der viele bilder sieht und kaum eines mit dem anderen zu kombinieren vermag. diesen roten, resp. weissen faden hätte der bewegte und bewegende abend nicht gebraucht.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen