Samstag, 31. März 2012

MÜNCHEN: EIN SCHUSS, EIN SCHREI

der pianist im saloon klimpert sentimental-süss-schwülstiges. die harten jungs sind gut drauf, wegen a) goldrausch und b) minnie, respektive eher wegen a) minnie und b) goldrausch. dann ein schuss, ein schrei – doch nein, trotz flächendeckendem 100.todestag – das war nicht karl may. sondern giacomo puccini. „la fanciulla del west“ heisst seine oper, weil „wie sich klein giacomo den wilden westen vorstellt“ zwar der treffendere, aber 1910 in new york doch marketingmässig eher suboptimale titel war. der 2.jahrgang der renommierten otto-falckenberg-schule in münchen hat sich puccinis späte sünde jetzt vorgeknöpft für eine "musikalisch-szenische werkstatt“ im werkraum der kammerspiele. nicht gehobenes schultheater resultiert da, sondern ein eindrücklicher beweis, was diese schauspielschülerinnen und –schüler in kurzer zeit bereits gelernt haben bezüglich singen, timing, dramaturgie, bewegung zu musik. mit tempo und witz wirft sich die junge truppe in diesen von einer abstrusen story (und einem hervorragenden barpianisten) zusammengehaltenen melodienrausch, gewährt auch ennio morricone einen augenzwinkernden gastauftritt, und findet, höchst professionell, den einzig möglichen notausgang: das ganze wird zur ultimativen western- und opernparodie, lustvoll für alle beteiligten auf und vor der bühne. und es würde den guten alten puccini enorm entlasten, wenn von ihm irgendwo überliefert wäre, dass er „la fanciulla del west“ selbst schon als parodie angedacht und komponiert hatte. vielleicht nahm er dieses letzte geheimnis mit in die ewigen jagdgründe.

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