Sonntag, 17. Dezember 2023

SIDI BOU SAÏD: DIE FARBE HAT MICH

hier also geschah es. hier hatte paul klee sein erweckungserlebnis. klee, der bis dahin vor allem als grafiker aufgefallen war, mit skizzen und radierungen, viel schwarz-weiss, viel tusche, reiste 1914 gemeinsam mit august macke und louis moilliet nach tunesien und war regelrecht berauscht von der pracht und der intensität der farben. der besuch in sidi bou saïd, dem prächtig gelegenen dorf auf der markanten felsnase am eingang der bucht von tunis, wurde zu einem wendepunkt in seinem künstlerischen schaffen: "die farbe hat mich. ich brauche nicht nach ihr zu haschen. sie hat mich für immer, ich weiss das. das ist der glücklichen stunden sinn: ich und die farbe sind eins. ich bin maler." ohne sidi bou saïd gäbe es bilder wie "südliche gärten" (1919), "burg und sonne" (1928), "ad parnassum" (1932) mit ihrer überbordenden und differenzierten farbigkeit nicht. dieser aufenthalt ging in die kunstgeschichte ein. und der rote fisch im "unterwassergarten" (1939) war im gymi der ausgangspunkt meiner beschäftigung mit selbiger. heute erinnert eine farbige tafel auf einer weiss getünchten hausmauer an die folgenschwere tunesienreise der drei künstlerfreunde. sidi bou saïd ist mittlerweile ein touristen-hotspot, der den ursprünglichen charakter im kern allerdings zu wahren wusste, durchaus sympathisch und immer noch sehr farbig. man kann klee verstehen.

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