Samstag, 14. Oktober 2023

MÜNCHEN: XÁTA - ZUHAUSE

ukrainerinnen und ukrainer, russinnen und russen am selben abend auf der bühne der münchner kammerspiele – unter dem titel „xáta“, was in beiden sprachen „zuhause“ bedeutet. eine musikalisch-tänzerische gratwanderung kündigt das theater an, das sich dafür die gehypte litauische jungregisseurin kamilė gudmonaitė geholt hat. im ersten teil werden auf dem bigscreen interviewausschnitte mit ukrainern gezeigt, die in münchen leben, furchtbare geschichten, leiden, verzweiflung. im zweiten teil interviews mit russinnen, die in münchen leben und ihr land nicht verstehen und sich schämen. diese zutiefst berührenden zeugnisse würden so auch auf arte funktionieren. doch wir sind im theater. also lässt frau gudmonaitė im prolog zwei schauspielerinnen an den bühnenvorhängen rumturnen (ein grosses rätsel), im ersten teil einen ukrainischen chor und im zweiten teil eine russische balletttruppe auftreten, dies zwischen und während (!!) den heavy-interviews. die ukrainer müssen dies in einem kitschsetting – lagerfeuer, bäumchen pflanzen, tockeneisnebel – absolvieren, die russischen ballerinen lassen sich von einem selbstverliebten choreografen herumdirigieren, die menschen in den interviews werden plötzlich zweitrangig. beide teile enden mit grosser wut: die klagelieder der ukrainer werden zu lautstarken anklageliedern, das klassische ballett der russinnen endet als aggressiver streetdance. das sind intensive momente. wut auf beiden seiten, die wert darauf gelegt haben, sich weder bei den proben noch in den garderoben noch auf der bühne direkt zu begegnen. so bleibt dieser abend eine konstruktion, eine kopfgeburt, die sich auf der bühne mehrfach peinlich niederschlägt. das ganze verärgert mehr als dass es aufwühlt. der minutenlange applaus (die bühne bleibt dabei leer) gilt kaum dem künstlerischen konzept, vielmehr wohl den menschen aus den beiden nationen.

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