Mittwoch, 18. Oktober 2023

STANS: DIE WAHRHEIT UND DER KRIEG

„die vereinfachung der welt im feuer der kanonen und kartätschen, im kugelhagel der scharfschützen, im anrennen mit dem blanken bajonett beendet die suche nach der wahrheit. (…) die vordenker, die wortmächtigen, die herren der blitzenden argumente und dröhnenden parolen, hier wie dort sehen wir sie verzückt im wissen, dass sie die wahrheit besitzen, zweifelsfrei, die ganze wahrheit. im rausch des rechthabens wird alles andere zur lüge, und wer die lüge vertritt, wird zum feind, und der feind muss vernichtet werden – nicht mit argumenten widerlegt, nicht mit worten überzeugt, sondern umgebracht mit flinten und kartätschen. der rausch des rechthabens ist der unheimlichste narkotische zustand, den es gibt. man erkennt ihn unweigerlich daran, dass die befallenen, die fixer der wahrheit, das verletzen, das schänden, das töten von menschen von vornherein in rechnung stellen.“ auszug aus einer rede, die der literaturprofessor peter von matt 1998 in der pfarrkirche in stans hielt, bei der gedenkfeier zum kampf des kantons nidwalden gegen die französischen truppen 200 jahre zuvor. 1798, 1998, 2023 – die zeit läuft, die jahre und die schauplätze ändern sich, peter von matts befund nicht: „die wahrheit ist nicht immer auch schon die ganze wahrheit. (…) der mensch aber muss die wahrheit suchen und hat sie nie, und wenn er glaubt, sie zu haben, kommt sicher einer daher, der sie ihm wegbeweist. solange er weitersucht, bleibt er menschlich; sobald er damit aufhört, wird er gefährlich.“

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