Samstag, 22. Juli 2023

MÜNCHEN: JEEPS

der eine (alt) nennt sie ebenso beharrlich wie verächtlich „jeeps“, die luxusschlitten des geldadels. der andere (jung) legt grossen wert darauf, eben nicht irgendeinen „jeep“ zu besitzen, sondern einen mercedes, einen hochklassigen mercedes-geländewagen. die beiden arbeiten im jobcenter, ein sehr ungleiches team, der alte leger und abgebrüht, der junge streberhaft korrekt. in „jeeps“ von nora abdel-maksoud, das sie selbst an den münchner kammerspielen urinszeniert hat, dreht sich alles um gesellschaftliche gerechtigkeit, um klassenunterschiede und chancengleichheit: wer braucht wieviel zum (über)leben? wer gibt was ab? die 400 milliarden, die in deutschland jedes jahr vererbt werden, werden hier neu verteilt – per los im jobcenter!!! das theater denkt sich eine erbrechtsreform aus, inclusive nebenwirkungen. eine erfolglose, langzeitarbeitslose schriftstellerin und eine leicht durchgeknallte start-upperin fallen über die beiden sachbearbeiter her, wollen geld, wollen ein los, rivalisieren, fuchteln mit einer pistole, lassen per fernbedienung aus versehen einen „jeep“ hochgehen: prekariat und beamtentum im vollclinch. ausschliesslich auf der leeren vorbühne liefern sich die vier ihre bizarren duelle, eva bay, gro swantje kohlhof, stefan merki und vincent redetzki jagen die bösartigsten pointen durchs triste jobcenter und entlarven - auch im höllentempo noch perfekt harmonierend – die ganze absurdität der deutschen sozialbürokratie. die strukturellen schwächen von staat und gesellschaft in form einer komödie: geht nicht, denkt man vorab. geht doch, weiss man danach. geht doch und tut beim lachen weh. 

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