Donnerstag, 20. April 2023

STANS: PALABRAS URGENTES

nächsten monat wird sie 79. man könnte jetzt schreiben, dass sie bedeutend jünger aussieht, dass man ihr dieses alter nie geben würde – doch vielmehr ist es so: susana baca, die peruanische sängerin, scheint ein altersloses wesen zu sein. in einem strahlend weissen kleid mit einem strahlend weissen schal betritt sie wie eine magierin aus einer fernen welt die bühne im theater an der mürg, wo sie den eröffnungsabend der stanser musiktage bestreitet. sie betritt die bühne? auch das trifft es nicht: susana baca schwebt, tänzelt und schlängelt zu den afro-peruanischen rhythmen und wie in zeitlupe legt sie mal den kopf mit der eleganten grauen kurzhaarfrisur in den nacken oder bewegt ihre schlanken arme kreisförmig und ausladend. „palabras urgentes“ lautet der titel ihres programms, ihre lieder handeln von kämpferischen frauen, vom recht auf bildung, von widerstand, von freiheit. auch gedichte von pablo neruda hat sie vertont. zwei, drei worte sagt baca jeweils zu den songs, im flüsterton, fast meditativ und doch so eindringlich, dass ihre persönliche betroffenheit immer mitschwingt. susana baca war immer auch politisch engagiert, unter anderem als peruanische kulturministerin. dies ganze viereinhalb monate lang, bis sie mit dem gesamten kabinett aus protest gegen ein umstrittenes bergbauprojekt demissionierte. der kämpferische ton lebt in der stimme dieser grazilen diva weiter; eine stimme, so frisch und präsent wie die sechs jungs ihrer band, die ihre söhne oder enkel sein könnten und diesen mix aus folk und jazz, aus lateinamerika und afrika ganz formidabel begleiten und beleben. susana und ihre musiker, das ist ein generationenübergreifendes projekt der mitreissenden art.

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