rasant werden die leichen entsorgt – wie die koffer beim sicherheitscheck am flughafen: rauf aufs rollband, rein in die röntgenschleuse und weg sind sie. weg sind sie? richard III. räumt alle weg, die ihm im weg sind, aber los wird er sie nicht. sie kommen retour aus der röntgenschleuse, sie tauchen auf in seinen träumen (hier als wilde kissenschlacht), sie verfolgen ihn in seinen albträumen (jetzt mit fratzenmasken), sie prophezeien ihm seinen untergang. in einer aberwitzig temporeichen inszenierung von maria chagina zeigen studierende der bayerischen theaterakademie shakespeares diabolischste figur und die erbärmliche staffage, die diesen autokraten umgibt. erfreulich, mal nicht lars eidinger (als hamlet an der berliner schaubühne seit 2008), lars eidinger (als richard III. seit 2015), lars eidinger und lars eidinger zu sehen – sondern den nachwuchs, die eidingers von heute und von morgen. luca skupin ist 26, schliesst dieses jahr seine schauspielausbildung ab, hat als richard III. im bodenlangen ledermantel und mit silbernen stiefeletten die fiesen züge und das showtalent von frank’n’furter aus der rocky horror picture show – und nähert sich shakespeares herrscherteufel doch ausgesprochen differenziert: dieser mensch, der alle und alles beherrschen will und dafür über leichen geht, ist nicht aufgrund seiner angeborenen behinderung, seines autismus, dermassen böse geworden, sondern aufgrund all der demütigungen und diskriminierungen, die ihm wegen dieser behinderung widerfahren sind. skupin lässt seine eigenen erfahrungen mit neurodivergenz einfliessen, das ist grosse show und intimes porträt gleichermassen. eine junge, auf sechs mitwirkende und 80 minuten eingedampfte version, aber keineswegs shakespeare-light.
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