Mittwoch, 16. Juni 2021

CHUR: ZILLAGORILLA UND WIR

zwei alte flügel klimpern im geräumigen zweiten untergeschoss des bündner kunstmuseums, wie von geisterhand, der eine legato, der andere staccato. sie liefern den diskret-heimeligen grundsound für die werkschau von zilla leutenegger. räume sind ihr thema, erinnerungen an räume der jugend, ängste in räumen, inspiration durch räume. „espèces d’espaces“ nennt sie die schau, angelehnt an die raumetuden des französischen schriftstellers georges perec (die auf deutsch lange vergriffen waren und jetzt unter dem titel „träume von räumen“ neu aufgelegt wurden). zilla leutenegger versammelt in einer art saalflucht werke aus vielen jahren, ohne die räume zu überfrachten, auch schweres wirkt hier leicht. des vaters werkstatt mit beil und säge taucht auf, eine alpküche, ein bagno verde, turnereien auf strassenlaternen, sofa-lümmeleien, das leben kreuz und quer; es sind grossformatige monotypien, witzige objekte, verspielte videos mit dem alter ego der künstlerin in der stummen hauptrolle. wie bei einer wohnungsbesichtigung führt sie uns durch ihre biografie und lässt dabei immer so viel offen, dass wir die gedanken selber weiterspinnen, unsere eigenen realen und geistigen räume hervorkramen, vom allernächsten bis in die ferne. so wird der betrachter nicht zum zilla-voyeur, sondern zu einem verbündeten im privaten. was ist heimat? wo endet ein raum? wo geht er in zeit über? die tür zum hintersten zimmer ist nur einen spalt weit offen, mehr geht nicht, eine dunkle silhouette ist zu erkennen; was sich hinter der tür verbirgt, überlässt die künstlerin unserer phantasie. es ist eine letzte einladung. zillagorilla heisst der raum. die phantasie hat zu tun.

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