Montag, 7. Juni 2021

BERGÜN: BERGFAHRT SURPRISE

draussen schleichen die nebel durchs tal, drinnen bleiben die düsteren geschichten hängen: im prachtvollen blauen jugendstilsaal des kurhauses bergün performt der berner erzähler michael fehr seine texte, das requiem für einen anonym verstorbenen, die ballade von den wachhunden, die einen immobilienhai entsorgen. zunächst einfach rhythmisierte sprache, im zweiten teil dann, gemeinsam mit dem schlagzeuger rico baumann, alles heftig und immer heftiger. die worte werden geschlagen, gedrechselt, geschrien, der banal beginnende traum vom jungen mann beispielsweise, der am oberen ende einer steilen treppe sitzt, grüntee verlangt und stattdessen von drei eigenartigen frauen corned beef bekommt und dann unten auf dem steinboden aufschlägt, huch, die höllengeschichten werden zum ohrenbetäubenden höllenspektakel, der traum hämmert im kopf. ein ganzes wochenende lang hätte das bergfahrt-festival die gassen, ställe und stuben von bergün mit literatur und architektur, mit musik und film aufmischen sollen. schon zum zweiten mal fiel es der pandemie zum opfer. der motivation und flexibilität des organisationskomitees allerdings hat sie nichts anhaben können und so präsentierte dieses im kurhaus jetzt eine reduzierte variante: bergfahrt surprise, zwei acts vom feinsten. neben dem düster-duo fehr/baumann hörten wir auch noch „rodas“, das sind corin curschellas (gesang), patricia draeger (akkordeon) und barbara gisler (cello); zauberhaft kombinieren sie weisen aus den bergen und geschichten aus den tälern, alpsegen und abgründiges, melancholie und witz. das festival, das keines war, klingt prächtig nach.  

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