ob er oben im schloss bei seinem
neuen dienstherrn wohnen soll oder doch unten in der dorfgaststätte? der
landvermesser k. kann sich nicht entscheiden: „ich will immer frei sein.“ das entlockt der dumpfen masse in der schenke
ein hämisches, grelles grinsen. frei sein! in diesem schloss und in diesem dorf
herrschen unbekannte mächte und undurchsichtige hierarchien, hier ist keiner
frei und der ebenso motivierte wie gutgläubige herr k. wird hier niemals fuss
fassen. das wissen alle, ausser herr k. selber. dem französischen regisseur
nicolas charaux gelingt mit kafkas unvollendetem „schloss“ am münchner
volkstheater eine grandiose groteske. die zwänge und die enge dieser
gesellschaft verwandelt er in sehr körperhaftes theater, eine choreographie des
grauens: vier schauspielerinnen, vier schauspieler, alle in schlammfarbenen
overalls, alle in pelzmänteln und mit pelzmützen (der mensch ist des menschen
wolf), alle mit weiss geschminkten gesichtern, was sie manchmal wie vampire
aussehen lässt und manchmal wie bösartige clowns. sie alle sind mal herr k. und
alle sind die devote masse der beamten und bürger. sie tuscheln und
intrigieren, sie umgarnen sich und würgen sich, sie keifen und schreien und je
grösser der bürokratische leerlauf wird und je aussichtsloser der kampf dagegen,
desto rasanter dreht sich die rostige drehbühne. das nervt manchmal gewaltig in
seiner redundanz, es will ganz bewusst nerven: totalitäre macht und willkür als
permanente psychische und physische grenzerfahrung. stark. für das tolle junge
ensemble gibt´s begeisterten, nicht enden wollenden applaus.
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