der roman „knochenlieder“ von martina
clavadetscher ist alles andere als eine well made novel, keine stromlinienförmige sofaunterhaltung. als die junge schwyzer
autorin anlässlich der buchvernissage im luzerner kleintheater jetzt daraus las,
begriff man schnell, dass sie damit ein sperriges stück literatur vorlegt.
vorlegen will. es beginnt harmlos in einer siedlung, die menschen leben idyllisch
und abgeschottet, aber irgendwann setzen
fluchtwünsche ein, nur fort von hier, schnell fort aus dieser gegend, fort aus
dieser zeit, die autorin rast mit den protagonistinnen in die zukunft. doch die
ersehnte freiheit bringt neue zwänge, neue grenzen, neue unruhe, neue panik –
in überwachten städten, camps, datennetzen und mit furchterregenden tieren.
eine düstere fiktion. kafka lässt grüssen. dieser roman ist nicht einfach ein roman,
er spielt auch immer wieder mit lyrischen und szenischen elementen, mit der
sprache der naturwissenschaft, der alten märchen und mit it-programmiercodes,
mal im flattersatz, mal mit gewagten zeilensprüngen: alles in allem ein
überraschendes, abgründiges, eigenwillig eskalierendes sprachwunderwerk. was die
musikerin isa wiss bei der vernissage mit stimme, cello und einer tischorgel an
schrägen, märchenhaften und verstörenden tönen beisteuerte, unterstrich diesen
clavadetscher-sound zwischen trance und traum aufs prächtigste. man freut sich,
tiefer in diesen kosmos einzutauchen. so ging es auch der jury der dienemann-stiftung,
die der autorin bereits aufgrund von plot und einzelnen textproben den mit 20‘000
franken dotierten „preis für das zweite buch“ zusprach; eine vitaminspritze,
die sich gelohnt zu haben scheint. warum der roman „knochenlieder“ heisst? bin
noch nicht so weit.
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